Was macht gutes Design aus?
Die zehn Thesen für gutes Design von Dieter Rams. Jeder Mensch, der mit Design arbeitet, stellt sich immer diese Fragen: Was macht gutes Design wirklich gut? Ist das Design überhaupt gut?
Was ist gutes Design? Zehn Thesen für gutes Design
«Gut», ist ein sehr flexibler Begriff und spätestens bei «gut aussehen» scheiden sich die Geister. Wie also lässt sich gutes Design überhaupt definieren?
In der letzten Jahrhunderthälfte hat kein Designer die Designauffassung der Alltagskultur entscheidender geprägt, als Dieter Rams. Dieter Rams – ein deutscher Industriedesigner der Moderne – beschäftigte sich in den späten 70er-Jahren sehr intensiv mit dem Thema, was gutes Design überhaupt gut macht. Er formulierte zehn Anforderungen, die gutes Design seiner Meinung nach erfüllen muss.
10 Thesen für gutes Design nach Dieter Rams
Dieter Rams ist der Designer, der einige der kultigsten Produkte der Welt geschaffen hat. In seinen 10 Thesen teilt er seine Philosophie über gutes Design und was es bedeutet, ein guter Designer zu sein.
Gutes Design ist innovativ
Die Möglichkeiten für Innovation sind längst nicht ausgeschöpft. Die technologische Entwicklung bietet immer wieder neue Ausgangspunkte für zukunftsfähige Gestaltungskonzepte, die den Gebrauchswert eines Produktes optimieren. Dabei entsteht innovatives Design, stets im Zusammenschluss mit innovativer Technik und ist niemals Selbstzweck.
Gutes Design macht ein Produkt brauchbar
Wir kaufen Produkte, um sie zu benutzen. Sie sollen bestimmte Funktionen erfüllen – Primärfunktionen ebenso wie ergänzende psychologische und ästhetische Funktionen. Gutes Design optimiert die Brauchbarkeit und lässt alles unberücksichtigt, was nicht diesem Ziel dient oder ihm gar entgegensteht.
Gutes Design ist ästhetisch
Die ästhetische Qualität eines Produktes ist integraler Aspekt seiner Brauchbarkeit. Denn Geräte, die man täglich benutzt, prägen das persönliche Umfeld und beeinflussen das Wohlbefinden. Schön sein kann aber nur, was gut gemacht ist.
Gutes Design macht ein Produkt verständlich
Gutes Design verdeutlicht auf einleuchtende Weise die Struktur des Produkts. Mehr noch: Es kann das Produkt zum Sprechen bringen. Im besten Fall erklärt das Design die Funktionsweise des Produktes von selbst.
Gutes Design ist unaufdringlich
Produkte, die einen Zweck erfüllen, haben Werkzeugcharakter. Sie sind weder dekorative Objekte noch Kunstwerke. Ihr Design sollte deshalb neutral sein, die Geräte zurücktreten lassen und dem Menschen Raum zur Selbstverwirklichung geben.
Gutes Design ist ehrlich
Es lässt ein Produkt nicht innovativer, leistungsfähiger, wertvoller erscheinen, als es in Wirklichkeit ist. Es versucht nicht, den Verbraucher durch Versprechen zu manipulieren, die es dann nicht halten kann.
Gutes Design ist langlebig
Es vermeidet, modisch zu sein, und wirkt deshalb nie antiquiert. Im deutlichen Gegensatz zu kurzlebigem Mode-Design überdauert es auch in der heutigen Wegwerfgesellschaft lange Jahre.
Gutes Design ist konsequent bis ins letzte Detail
Nichts darf der Willkür oder dem Zufall überlassen werden. Gründlichkeit und Genauigkeit der Gestaltung sind letztlich Ausdruck des Respekts dem Verbraucher gegenüber.
Gutes Design ist umweltfreundlich
Design leistet einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung der Umwelt. Es bezieht die Schonung der Ressourcen ebenso wie die Minimierung von physischer und visueller Verschmutzung in die Produktgestaltung ein.
Gutes Design ist so wenig Design wie möglich
Weniger Design ist mehr, konzentriert es sich doch auf das Wesentliche, statt die Produkte mit Überflüssigem zu befrachten.
Zurück zum Puren, zum Einfachen!
Die Definition der zehn Thesen für gutes Design auf einen Blick
- Gutes Design ist innovativ.
- Gutes Design macht ein Produkt brauchbar.
- Gutes Design ist ästhetisch.
- Gutes Design macht ein Produkt verständlich.
- Gutes Design ist unaufdringlich.
- Gutes Design ist ehrlich.
- Gutes Design ist langlebig.
- Gutes Design ist konsequent bis ins letzte Detail.
- Gutes Design ist umweltfreundlich.
- Gutes Design ist so wenig Design wie möglich.
Dieter Rams der Industriedesigner der Moderne
Am 20. Mai 1932 wurde Dieter Rams in Wiesbaden geboren. Nach dem Zweiten Weltkrieg studierte Rams – unterbrochen von einer Ausbildung zum Tischler – bis 1953 Architektur und Innenarchitektur an der Werkkunstschule in Wiesbaden. Darauf arbeitete Rams die folgenden zwei Jahre für das Architekturbüro von Otto Apel.
1955 bewarb sich Rams bei Braun. Zu dieser Zeit modernisierte Braun das Unternehmen radikal und engagierte Rams ursprünglich für die Gestaltung der Firmenräume. Schnell erkannte Braun das Talent von Rams und bezog ihn in die Entwurfsarbeit der Produkte ein.
Einer von Rams ersten Entwürfen für Braun war, gemeinsam mit Hans Gugelot, die Radio-Plattenspieler-Kombination SK 4. Das radikal reduzierte Design aus weiss lackiertem Blechkorpus mit einer Abdeckhaube aus Acrylglas und Wangen aus hellem Holz war auch als «Schneewittchen-Sarg» bekannt und wurde zum Klassiker und Vorbild.
Als Rams 1959 Erwin Braun um Erlaubnis bat, Möbel für Niels Vitsœ und Otto Zapf zu entwerfen, wurde ihm diese gewährt: «Das wird dem Absatz unserer Radios helfen.» Von 1961 bis 1995 leitete Rams die Designabteilung von Braun.
In den späten 1970er Jahren machte sich Dieter Rams zunehmend Sorgen um den Zustand einer Welt, die er als «eine undurchschaubare Verwirrung von Formen, Farben» empfand. Im Bewusstsein, dass er als Gestalter massgeblich zu dieser Welt beitrug, stellte er sich die Frage: Was ist gutes Design? Seine Antwort formulierte er als zehn Thesen für gutes Design.
Das Design sollte das Produkt sozusagen zum Sprechen bringen.
Rams und sein Designteam prägten in den Folgejahren bis in die 1980er Jahre das typische, klare Erscheinungsbild der Produkte des Braun-Konzerns. Viele der entstandenen Produkte gelten mittlerweile als Designklassiker wie der Weltempfänger T 1000, der elektrostatische Lautsprecher LE1 oder die Hi-Fi-Komponenten Regie und Atelier.
Rams ist überzeugt, dass das beste Design durch die enge Zusammenarbeit von Unternehmer und Designer entsteht.
Rams Einfluss zu gutem Design ist weitreichend
Der Chefdesigner bei Apple Jonathan Ive betont immer wieder, dass er ein grosser Rams Fan ist – was übrigens auch bei Steve Jobs der Fall war. Mit anderen Worten: Die Lehren zu gutem Design von Rams haben Apple geprägt.
Steve Jobs brach die 10 Regeln für gutes Design auf einen einzigen Satz runter «Design ist nicht, wie etwas aussieht oder sich anfühlt. Design ist, wie etwas funktioniert.»
Einfach ist schwieriger als kompliziert.
Einfachheit ist heute das fundamentale Designkriterium
Um zeitloses und gutes Design zu beschreiben sowie aktiv zu leben lohnt es sich, sich auf folgende Kernregel zu konzentrieren: Gutes Design ist einfach und verzichtet auf alles, was nicht notwendig ist.
Einfachheit ist heute eines der fundamentalsten Designkriterien, weil viele Menschen die Welt als kompliziert wahrnehmen.
«Simplicity» ist ein Ansatz, welcher die Einfachheit zu einem zentralen Element im Branding von Unternehmen und Marken macht. Laut den Analysen von Siegel+Gale schneiden Unternehmen, welche diesem Ansatz folgen, bei der Börsenbewertung 7 Mal besser ab als die Konkurrenz.
55 Prozent aller befragten Konsumenten sind bereit, mehr für eine einfache Marke zu bezahlen und sogar 64 Prozent empfehlen Produkte solcher Marken weiter. Schätzungen zu Folge verlieren Unternehmen, welche komplizierte Produkte anbieten, jedes Jahr rund 100 Milliarden Dollar.
Die weltweiten Vorreiter des «Simplicity» Ansatzes sind: Netflix, ALDI, Google, Lidl und Carrefour, gefolgt von McDonald’s, Trivago, Spotify, Uniqlo und Subway. Überraschenderweise erscheint Apple – lange der Verfechter für Einfachheit – heute in keiner aktuellen Statistik mehr.