Was sind Kommunikationswissenschaften und so liegt ihr Schwerpunkte?

Wie beeinflusst die Kommunikationswissenschaft unser Verständnis von Medien und Gesellschaft? Welche Rolle spielen empirische Methoden? Wie verschmelzen Theorie und Praxis?

Was ist die Kommunikationswissenschaft?

Kommunikationswissenschaft ergründet nicht nur die Mechanismen des Informationsaustauschs, sondern taucht tief in das Gewebe der sozialen Realität ein. Das Medium ist nicht nur die Botschaft; es ist der Schmelztiegel von Kultur, Identität und Macht. Kommunikation kann Kriege entfachen und Frieden stiften. Sie ist die Matrix unseres Verständnisses, die Sprache unseres kollektiven Gedächtnisses.

Doch hinter dem Offensichtlichen lauert eine Komplexität, die weit über die Binärstruktur von Sender und Empfänger hinausgeht. Die Praxis der Kommunikation ist immer auch ein Netz aus Interpretationen, durchzogen von semiotischen Codes und kulturellen Normen. Die Bedeutung eines Wortes ist niemals isoliert; sie ist eingebettet in einen Kontext, der ständig im Fluss ist.

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Kommunikation reicht von Psychologie und Soziologie bis hin zu Kunst und Technologie. Diese Bandbreite offenbart die Mehrdimensionalität des Kommunikativen, seine Verflechtung in den menschlichen Erfahrungsbereich. Ein tieferes Verständnis der Kommunikationswissenschaft ermöglicht daher nicht nur die Entschlüsselung von Botschaften, sondern auch das Durchdringen der menschlichen Existenz selbst.

Definition: Kommunikationswissenschaft

Kommunikationswissenschaft erforscht die Strukturen und Prozesse der Informationsübertragung. Sie beleuchtet, wie Botschaften erzeugt, geteilt und interpretiert werden, und berücksichtigt dabei soziale, kulturelle und technologische Kontexte. Sie ist sowohl Mikroskop als auch Teleskop des menschlichen Dialogs.

Teildisziplinen der Kommunikationswissenschaft

Die Vielfalt dieser Teildisziplinen zeigt die Bandbreite und Tiefe der Kommunikationswissenschaft als Forschungsgebiet. Jede Teildisziplin ermöglicht es, spezielle Facetten der Kommunikation zu beleuchten, sei es durch die Linse der Geschichte, der Ökonomie, der Psychologie oder anderer wissenschaftlicher Disziplinen.

Klassische Bereiche

Die Klassische Bereiche widmen sich oft den grundlegenden Mechanismen der Kommunikation sowie ihrer historischen und theoretischen Fundierung.

  • Visuelle Kommunikationsforschung: Spezialisiert sich auf die Analyse visueller Medien, von Fotografie bis zu Film und digitalen Medien.
  • Kommunikations- und Mediengeschichte: Erkundet die historische Entwicklung von Kommunikationsformen und Medien.
  • Kommunikations-, Medien- und Öffentlichkeitstheorien: Fokussiert sich auf die theoretischen Grundlagen, die das Verständnis von Kommunikation und Medien prägen.
  • Kommunikationspolitik und politische Kommunikation: Erforscht die Wechselwirkung zwischen Kommunikation und politischen Strukturen und Prozessen.
  • Empirische Kommunikationsforschung: Nutzt empirische Methoden, um Kommunikationsphänomene zu analysieren und zu verstehen.
  • Organisationskommunikation: Untersucht die interne und externe Kommunikation von Organisationen.
  • Journalistik: Konzentriert sich auf die Praktiken, Ethik und Strukturen des Journalismus.

Transdisziplinäre Bereiche

Neben den klassischen Fächern gibt es transdisziplinäre Teildisziplinen, die über den Rahmen der Kommunikationswissenschaft hinausgreifen. Diese bringen zusätzliche Methoden und Perspektiven in das Forschungsfeld ein und erlauben somit ein umfassenderes Verständnis.

  • Medienökonomie: Verknüpft wirtschaftliche Modelle und Theorien mit der Medienlandschaft.
  • Medienpädagogik: Fokussiert auf den pädagogischen Einsatz von Medien und ihre Rolle im Bildungskontext.
  • Medienpsychologie: Verbindet Erkenntnisse der Psychologie mit der Wirkungsweise von Medien.
  • Medieninformatik: Verbindet die technische Realisierung und Optimierung von Mediensystemen mit den Prinzipien der Informatik.
  • Medienmanagement: Beschäftigt sich mit der effektiven Steuerung und Organisation von Medienunternehmen.
  • Mediensoziologie: Erforscht den Einfluss von Medien auf die Gesellschaft und vice versa.
  • Medienrecht: Erkundet die rechtlichen Rahmenbedingungen, die die Medienlandschaft formen.

Forschungsdomänen der Kommunikationswissenschaft

Die Lasswell-Formel dient als Leitfaden für die Systematisierung der Forschungsfelder in der Kommunikationswissenschaft: Wer kommuniziert, was wird übermittelt, durch welche Kanäle, an wen und mit welchen Auswirkungen?

Daraus ergeben sich folgende Hauptbereiche:

Kommunikatorforschung

Dieser Bereich fokussiert sich auf die Akteure hinter den Medien. Er erforscht die Einstellungen, Motivationen und Praktiken von Journalisten, PR-Fachleuten und anderen Kommunikatoren. Darin eingeschlossen ist auch die Gatekeeper-Forschung, die den Journalisten als Filter für Kommunikationsinhalte betrachtet.

Medieninhaltsforschung

Hier werden die Inhalte selbst analysiert, mit einem Fokus auf deren Darstellungsformen und Botschaften. Diese Forschung variiert je nach den zugrunde liegenden theoretischen Annahmen und Fragen, wie beispielsweise der Übereinstimmung von Medieninhalten und Realität oder den Inszenierungsstrategien der Medien.

Medienanalyse

Dieser Bereich untersucht die Eigenschaften und Beschränkungen von Medienplattformen selbst. Es geht um die systemimmanenten Zwänge, die das Medium auf die Kommunikation ausübt.

Mediennutzungsforschung

Dieses Feld beschäftigt sich mit den Verhaltensweisen und Motiven der Rezipienten. Es analysiert, welche Personen Medien nutzen und in welchem Umfang, wobei soziodemografische und psychografische Faktoren berücksichtigt werden.

Medienwirkungsforschung

Im Zentrum dieser Forschung steht die Frage nach den Auswirkungen der Medien auf Individuen und Gesellschaft. Dabei reicht das Spektrum von psychologischen Effekten bis hin zu Auswirkungen auf unterschiedliche gesellschaftliche Sektoren, einschliesslich der Analyse öffentlicher Meinungen.

Lasswell-Formel in der Kommunikation

Die Lasswell-Formel bietet eine pragmatische Struktur zur Analyse von Kommunikationsprozessen. Sie lautet: Wer sagt was auf welchem Weg zu wem mit welchem Effekt? Jeder dieser Bestandteile öffnet eine Tür zu einem eigenen Forschungsbereich innerhalb der Kommunikationswissenschaft.

  • Wer: Der Kommunikator, der die Botschaft sendet. Diese Ebene erforscht die Motive, Fähigkeiten und Einschränkungen des Senders.
  • Was: Der Inhalt der Kommunikation. Hier geht es um die Analyse der Botschaft selbst, ihrer Bedeutung und ihrer Darstellungsformen.
  • Auf welchem Weg: Das Medium, durch das die Botschaft übertragen wird. Hier stehen die Möglichkeiten und Begrenzungen verschiedener Kommunikationskanäle im Fokus.
  • Zu wem: Der Rezipient oder die Zielgruppe. In diesem Feld werden die soziodemografischen und psychografischen Eigenschaften der Empfänger untersucht.
  • Mit welchem Effekt: Die Auswirkung der Kommunikation. Dies umfasst sowohl die unmittelbaren Effekte auf den Einzelnen als auch langfristige Auswirkungen auf gesellschaftliche Strukturen.

Die Lasswell-Formel dient nicht nur als Werkzeug zur Entschlüsselung von Kommunikationsereignissen, sondern auch als ein Spiegel der menschlichen Interaktion in ihrer Komplexität. Sie ermöglicht es, die vielschichtigen Facetten der Kommunikation zu erfassen, ohne sich in deren unendlicher Komplexität zu verlieren.

Forschungsmethoden in der Kommunikationswissenschaft

In der Kommunikationswissenschaft ist die empirische Forschung ein zentrales Instrument. Quantitative Methoden wie Befragungen und Experimente erlauben generalisierbare Aussagen und stossen oft an die Türschwelle der gesellschaftlichen Relevanz. Sie folgen der Tradition des kritischen Rationalismus, einer Denkweise, die ihre Wurzeln in der Philosophie des Wiener Kreises und den Schriften von Karl Popper hat. Dabei steht die Überprüfbarkeit von Hypothesen im Vordergrund.

Im Gegensatz dazu steht die qualitative Forschung, die versucht, Phänomene in ihrem Kontext zu verstehen. Methoden wie Beobachtungen und Inhaltsanalysen geben Raum für die Tiefe und Komplexität menschlicher Erfahrungen und der Kommunikation selbst. Sie folgen oft hermeneutischen oder interpretativen Ansätzen, die den Forscher als aktiven Deuter des gesellschaftlichen Geschehens sehen.

Einen Mittelweg bietet die Grounded Theory, die versucht, aus dem empirischen Material selbst Theorien zu generieren. Diese Methode steht in der Tradition der hermeneutisch-interpretativen Sozialforschung und öffnet einen Raum für die Synergie zwischen Empirie und Theorie.

Diese Methodenvielfalt ist kein Zeichen von Zerrissenheit, sondern vielmehr eine Antwort auf die Komplexität des Forschungsgegenstandes. Kommunikation ist ein facettenreiches Feld, das sowohl die Analyse messbarer Daten als auch das Verstehen subjektiver Erfahrungen erfordert.

Die Kommunikation und ihre Facetten

Kommunikation ist ein Gewebe aus Intentionen und Interpretationen, ein Spiegel und Architekt sozialer Realitäten. Sie ist ein Phänomen, das die Spannbreite menschlicher Erfahrungen einfängt. In ihrer elementarsten Form ist sie der Stoff, der Verbindungen schafft und aufrechterhält.

Massenkommunikation ist ein Monolog an eine Vielzahl, eine einseitige Übertragung von Bedeutungen. Sie kann manipulativ sein, aber auch bereichernd, je nachdem, welchen Inhalt sie transportiert und wie dieser vom Publikum aufgenommen wird.

Hyperkommunikation erweitert das Konzept der Interaktion, indem sie Kommunikation als ein metasprachliches Phänomen betrachtet. Sie bietet einen Kontext, in dem Autoren, Publikum und Medien sich in einem ständigen Verhandlungsprozess befinden.

Biokommunikation lenkt den Fokus von der anthropozentrischen Perspektive ab und schenkt der Zeichensprache anderer Lebewesen Beachtung. Sie legt nahe, dass Kommunikation nicht nur ein menschliches Privileg ist, sondern eine universelle Sprache des Lebens.

Interaktion und Kommunikation sind zwei Seiten derselben Medaille. Beide sind von Intentionen und Interpretationen getrieben und beide schaffen die Textur unseres sozialen Lebens.

Das Medium, ob physisch oder konzeptionell, ist die Bühne, auf der diese Interaktionen stattfinden. Es kann eine einfache technische Einrichtung sein oder ein komplexes System, das sozialen und kulturellen Normen unterliegt.

Rezipienten sind nicht nur passive Empfänger; sie sind auch aktive Interpretatoren. Sie entschlüsseln, bewerten und reagieren auf die empfangene Information und sind damit auch Teil des Kommunikationsprozesses.

Die Rolle des Kommunikators ist ebenso vielschichtig. Je nach Kontext können sie Informationsvermittler, Manipulatoren oder Beobachter sein.