Was ist Neurowissenschaft?

Was treibt unser Denken an? Neurowissenschaft entblösst die fein abgestimmte Architektur unseres Gehirns und verändert unser Verständnis von uns selbst.

Was sind Neurowissenschaften?

Neurowissenschaften, auch Neurobiologie genannt, sind ein interdisziplinäres Forschungsgebiet, das sich mit dem Aufbau und der Funktionsweise des Nervensystems beschäftigt. Ziel ist es, zu verstehen, wie neuronale Netzwerke Gedanken, Emotionen, Wahrnehmungen und Verhaltensweisen steuern.

Sie umfassen die Untersuchung von Nervenzellen (Neuronen), den unterstützenden Zellen (Gliazellen) und deren Interaktionen, die das Nervensystem bilden. Durch diesen Ansatz decken Neurowissenschaften nicht nur die Struktur, sondern auch die Funktion und Dynamik von Nervensystemen auf, von einfachen neuronalen Netzwerken bis hin zum hochkomplexen menschlichen Gehirn.

Forschungsfelder der Neurowissenschaften

Die Neurowissenschaften untersuchen verschiedene Aspekte des Nervensystems. Eines der zentralen Forschungsfelder ist die Untersuchung der Struktur und Funktion von Neuronen und neuronalen Netzwerken. Hier werden die Mechanismen der Informationsverarbeitung in Zellen und die Kommunikation zwischen ihnen erforscht. Dazu gehören auch spezielle Themen wie die Neuroplastizität – die Fähigkeit des Gehirns, sich an neue Erfahrungen und Umwelteinflüsse anzupassen.

Ein weiteres bedeutendes Forschungsfeld ist die Hirnforschung, die sich auf das Verständnis der Prozesse im Gehirn von Primaten, einschliesslich des Menschen, konzentriert. Dabei werden Funktionen wie Gedächtnis, Bewusstsein, Emotionen und kognitive Fähigkeiten untersucht. Die Neurowissenschaften beschäftigen sich zudem intensiv mit der Erforschung neurodegenerativer Erkrankungen wie Parkinson und Alzheimer, um Heilungsansätze zu entwickeln.

Disziplinen der Neurowissenschaften

Das Feld der Neurowissenschaften ist äusserst vielfältig und lässt sich in mehrere Disziplinen unterteilen:

  • Neurophysiologie: Hier steht die Funktion der Neuronen im Vordergrund, insbesondere ihre elektrische Aktivität. Diese Disziplin untersucht, wie Nervenzellen Signale empfangen, verarbeiten und weiterleiten.
  • Kognitive Neurowissenschaft: Diese Disziplin erforscht die neuronalen Grundlagen von Wahrnehmung, Denken und Handeln. Es geht darum zu verstehen, wie das Gehirn höhere kognitive Prozesse wie Sprache, Lernen und Problemlösung unterstützt.
  • Neuropsychologie: Sie befasst sich mit der Verbindung zwischen Gehirnfunktionen und Verhalten. Durch die Untersuchung von Patienten mit Hirnschäden kann sie Rückschlüsse auf die Funktionsweise gesunder Gehirne ziehen.
  • Neuropsychoanalyse: Diese relativ neue Disziplin verbindet Neurowissenschaft und Psychoanalyse, um tiefer in das Unbewusste und die emotionalen Prozesse vorzudringen.
  • Klinische Neurowissenschaften: Hier geht es um die Diagnose und Behandlung von neurologischen Erkrankungen wie Epilepsie, Schlaganfall oder neurodegenerativen Krankheiten.

Methoden der Neurowissenschaften

Die Neurowissenschaften nutzen eine Vielzahl von Methoden, um das Nervensystem zu erforschen. Diese lassen sich in nichtinvasive und invasive Methoden unterteilen:

Nichtinvasive Methoden

  • EEG (Elektroenzephalografie): Misst die elektrische Aktivität des Gehirns, indem Elektroden auf der Kopfhaut angebracht werden. Diese Methode ermöglicht es, Gehirnwellen in Echtzeit zu erfassen und gibt Einblick in die Aktivität grosser neuronaler Netzwerke.
  • fMRT (funktionelle Magnetresonanztomografie): Ermöglicht die Darstellung von Gehirnaktivitäten, indem Blutflussänderungen in aktiven Hirnarealen gemessen werden. Diese Methode wird oft verwendet, um herauszufinden, welche Hirnregionen bei bestimmten Aufgaben aktiv sind.
  • PET (Positronen-Emissions-Tomografie): Nutzt radioaktive Tracer, um Stoffwechselprozesse im Gehirn sichtbar zu machen. Diese Methode liefert detaillierte Informationen über die Funktionsweise des Gehirns und wird häufig zur Untersuchung neurologischer Erkrankungen eingesetzt.

Alle diese bildgebenden Verfahren sind nichtinvasiv, das heisst, sie beeinträchtigen das Gehirn nicht und können bei lebenden Menschen angewendet werden.

Invasive Methoden

  • Läsionsstudien: Untersuchen die Folgen von Hirnschädigungen. Durch den Vergleich von Patienten mit bestimmten Hirnschäden kann man Rückschlüsse auf die Funktionen der betroffenen Hirnregionen ziehen.
  • Elektrophysiologie: Diese Methode ermöglicht die direkte Messung der elektrischen Aktivität einzelner Neuronen, meist durch das Einführen von Elektroden in das Gehirn. Sie liefert präzise Daten über die Kommunikation zwischen Nervenzellen.

Invasive Methoden kommen vor allem in der Forschung an Tieren oder in speziellen klinischen Fällen zum Einsatz.

Optogenetik

Eine moderne Technik, bei der genetisch veränderte Neuronen durch Licht gezielt aktiviert oder gehemmt werden können. Diese Methode erlaubt es, spezifische neuronale Schaltkreise mit hoher Präzision zu steuern und bietet tiefere Einblicke in die Funktionsweise des Gehirns.